Anzeige

Gesundheit

Wenn die Füße schmerzen

Die Medizin hat bei der Behandlung von sogenannten Ballenzehen – im Fachjargon Hallux valgus – große Fortschritte gemacht. Was wirklich hilft, hängt aber im Einzelfall von der Schwere der Fehlstellung ab. Grundsätzlich gilt: Vorbeugende Maßnahmen können schützen, bei dauerhaften Schmerzen ist ein Eingriff aber sinnvoll, um weitere gesundheitsschädliche Folgen zu verhindern.

Wenn die Füße schmerzen

Bei Frauen tritt der Hallux deutlich häufiger auf als bei Männern. Foto: masanyanka - stock.adobe.com/Andrea Warneck

Von Angela Stoll  Jetzt im Winter ist noch festes Schuhwerk angesagt, im Sommer sollte man auf dieses öfters einmal verzichten, um seinen Füßen etwas Gutes zu tun: „Barfußlaufen stärkt die Fußmuskulatur und ist zur Vorbeugung eines Hallux valgus absolut empfehlenswert“, sagt Martin Jordan, Fußchirurg an der Hessingpark-Clinic in Augsburg. Schätzungen zufolge haben mehr als 20 Prozent der Erwachsenen schiefstehende große Zehen, sogenannte Ballenzehen. Schon bei leichteren Ausprägungen dieser Fehlstellung kann es zu Schmerzen und Problemen beim Gehen kommen.

„In Gegenden, in denen man nur barfuß geht, gibt es diese Fehlstellung bei Weitem nicht so häufig“, betont der Arzt. Hat sich ein Hallux valgus entwickelt, können Barfußlaufen und eine gezielte Stärkung der Muskulatur in einem frühen Stadium helfen. In späteren Stadien bleibt nur eine Operation. Die Chirurgie habe in diesem Bereich in den vergangenen Jahren allerdings große Fortschritte gemacht, wie Jordan erklärt.

Beim Hallux valgus ist der große Zeh verdreht: Der erste Mittelfußknochen schiebt sich nach außen, gleichzeitig dreht sich die Großzehe nach innen – in Richtung der anderen Zehen. In der Folge kann es zu Beschwerden verschiedenster Art kommen. Am häufigsten sind Schmerzen und Entzündungen am Großzehenballen, daneben können auch die Nerven am großen Zeh geschädigt werden. Langfristig kann sich eine Arthrose im Großzehengelenk entwickeln. „Oft äußern sich die Probleme indirekt, zum Beispiel schmerzen die kleinen Zehen, oder es bilden sich Druckstellen und Schwielen“, sagt der Facharzt für Orthopädie Martin Jordan. Außerdem kann es Folgen für andere Gelenke und die Wirbelsäule haben, wenn man längerfristig eine Schonhaltung einnimmt: „Wir sehen häufig Patienten, die deshalb Probleme mit den Knien oder der Hüfte haben. Das kann bis in die Halswirbelsäule gehen.“

Frauen sind häufiger betroffen

Frauen haben wesentlich häufiger Ballenzehen als Männer. „Oft wird das auf enge, hochhackige Schuhe zurückgeführt. Das ist aber nicht die eigentliche Ursache“, sagt Anke Röser, Vizepräsidentin der Gesellschaft für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie. Bei einem Hallux valgus spiele die erbliche Veranlagung eine entscheidende Rolle. Daneben gebe es verschiedene Faktoren, die dazu führen können, dass sich die Fehlstellung verschlimmert. „Mit zunehmendem Alter wird das Bindegewebe schwächer, das heißt der Fuß streckt sich und wird größer. Außerdem können die Beschwerden im Verlauf einer Schwangerschaft durch die Veränderung des Bindegewebes zunehmen“, erklärt Fachärztin Röser. Auch Übergewicht und eine verkürzte Achillessehne können eine Rolle spielen. Manchmal wirkt sich außerdem eine Überlastung der Fußgelenke negativ aus. So berichtet Facharzt Martin Jordan: „Marathonläufer haben häufig einen Spreizfuß mit einer Hallux-valgus-Deformität.“

Wie die Fehlstellung behandelt wird, hängt stark von ihrer Ausprägung ab. Also davon, in welchem Winkel der Mittelfußknochen und der große Zeh verbogen sind. In einem frühen Stadium der Fehlstellung geht es darum, den Fuß zu stabilisieren und die Muskulatur zu stärken. Dazu kommt Orthopäde Jordan zufolge zum Beispiel das Konzept der Spiraldynamik infrage, bei dem Patienten unter Anleitung eines Physiotherapeuten ein neues Bewegungsverhalten lernen. Dabei trainieren sie gezielt die bein- und fußstabilisierende Muskulatur. Eine andere Möglichkeit sind sensomotorische Schuh-Einlagen, die die Rezeptoren der Fußsohle durch Druckpolster stimulieren. So sagt die Fußchirurgin Anke Röser: „Solche Einlagen können nützlich sein, da sie die Muskulatur aktivieren.“ Allerdings müssen gesetzlich versicherte Patienten die Einlagen unter Umständen selbst zahlen. Mitunter werden auch Nachtlagerungsschienen verschrieben, die den großen Zeh über Nacht in der gewünschten Position halten. Daneben gibt es Bandagen, Zehenspreizer und spezielle Socken, um die Stellung des großen Zehs zu korrigieren. Solche Hilfsmittel dienen in in erster Linie dazu, die Beschwerden zu lindern. Wie viel man mit ihnen letztendlich erreichen kann, ist unklar.

In weiter fortgeschrittenen Stadien der Fehlstellung ist den Experten zufolge eine Operation in der Regel die einzig effektive Therapie. „Anhaltende Schmerzen oder eine sich entwickelnde Arthrose am Großzehengrundgelenk sprechen für einen Eingriff“, sagt Anke Röser. Es gibt weit über 100 verschiedene chirurgische Verfahren, gängig sind aber lediglich sechs davon. Welches infrage kommt, richtet sich nach der Schwere der Verformung. Grundsätzlich wird bei dem Eingriff der Knochen durchtrennt, verschoben und in die richtige Position gebracht. Je nachdem kommen Titanschrauben oder -platten zum Einsatz, um ihn zu fixieren. Diese Platten oder Schrauben können meist dauerhaft im Fuß bleiben.

Eingriff auch minimalinvasiv

„In diesem Bereich hat es in den vergangenen 20 Jahren einen enormen Wandel gegeben“, sagt Martin Jordan. „Die Materialien haben sich stark verbessert, außerdem kann man manche Eingriffe jetzt auch minimalinvasiv vornehmen.“ Die Komplikationsrate sei vergleichsweise gering: Infektionen gebe es sehr selten, ebenso wie tiefe Beinvenenthrombosen. Allerdings kommt es gelegentlich zu einem Rezidiv – das heißt, dass sich wieder ein Hallux valgus bildet. „Die Rate liegt bei unter fünf Prozent und ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig, zum Beispiel dem Ausmaß der Fehlstellung vor der Operation“, so der Arzt.

Nach einem Eingriff ist Geduld gefragt. Patienten müssen sich darauf einstellen, dass es dauert, bis sie den Fuß wieder normal belasten können: „Man ist etwa sechs Wochen lang eingeschränkt und trägt in dieser Zeit einen Spezialschuh“, sagt Jordan. „Bis man wieder Sport treiben kann, dauert es rund drei Monate.“

Tipps für die Fußgesundheit

Schuhe: Sie sollten bequem sein – atmungsaktiv, nicht zu eng und ohne hohe Absätze. Barfuß laufen ist gesund, da so die Fußmuskulatur gekräftigt wird. Zu Hause und im Garten sollte man sich auch mal ohne Schuhe bewegen.

Bewegung: Nach langem Sitzen oder Stehen tut Fußgymnastik gut. Zum Beispiel kann man die Füße kreisen lassen und die Zehen krallen und strecken. Oder man versucht, mit den Zehen etwas zu greifen – eine Münze etwa. Auch Kneipp’sches Wassertreten ist empfehlenswert.

Massage: Dazu stellt man sich hin, legt einen Igelball unter den nackten Fuß und bewegt ihn sanft auf und ab. Wichtig ist: Innen- und Außenseite nicht vergessen. Die Übung fördert die Durchblutung und stimuliert die Muskulatur.

Fußpflege: Warzen, eingewachsene Nägel und Hühneraugen sollten behandelt werden. ast

View is not found